Jubiläum:
Der 15. Mai 2005 wird zum "Wandertag"

VON HANS WERNER SCHEIDL (Die Presse) 31.01.2004

Zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Staatsvertrages soll ein "15.-Mai-Pfad" die Österreicher anlocken.

WIEN. Seit Kanzler Wolfgang Schüssel die Feiern zum 15. Mai 2005 als "Chefsache" erkannt hat, gewinnen die Vorarbeiten deutlich an Tempo. In einer Besprechung am Freitag Vormittag wurde die Idee eines "Staatsvertrags-Pfades" für gut befunden - jetzt beginnt die Feinarbeit. Die Zeit wird kurz. 

Der didaktische "Pfad" sollte am Schwarzenbergplatz beginnen, im "Haus der Industrie". Das Palais der Industriellenvereinigung diente von 1945 bis zum Mai 1955 als Sitz des "Alliierten Rates". Hier könnten Symposien stattfinden - durchaus auch unter Einbindung kritischer Geister. 
Weiter führt der Weg zum Unteren Belvedere, wo eine Dokumentation den steinigen Weg bis zur Erlangung des Staatsvertrages nachzeichnen soll. Hier ist noch einiges an Überlegungen notwendig. 
Durch den inzwischen renovierten Barockpark führt der Pfad hinauf zum Oberen Belvedere, wo am 15. Mai 1955 die historische Unterzeichnung durch die Außenminister der Alliierten und Österreichs Außenminister Leopold Figl stattfand. Im Großen Saal müssen noch Ausbesserungsarbeiten vorgenommen werden. Die amtierenden Außenminister Russlands, Frankreichs und Großbritanniens haben, wie gemeldet, ihr Kommen bereits zugesagt, die USA unter Vorbehalt des Wahlausgangs heuer im November. 
Die Bemühungen, aus Moskau die russische Fassung des Staatsvertragswerks zu bekommen, laufen bereits. Die türkische Botschaft in der Prinz-Eugen-Straße soll gebeten werden, ihren prächtigen Teppich (den größten in Wien) - so wie 1955 - zur Verfügung zu stellen. 
Auch das - noch renovierungsbedürftige - "20er-Haus" im Schweizergarten soll für die Großausstellung genützt werden. Hier könnte Paul Kruntorad seine schon geplante Schau mit dem Arbeitstitel "Die Physiognomie der 2. Republik" zeigen. Diese Schau wäre solcherart das Bindeglied zwischen Belvedere und Arsenal: Im Heeresgeschichtlichen Museum endet der Pfad mit einer Ausstellung über das Bundesheer 1955-2005. Verantwortlich dafür wird der Museums-Chef Manfried Rauchensteiner sein. 
Dass es nun doch zu der mehrteiligen Ausstellung kommt, ist drei Privatleuten zu verdanken: Der Industrielle Hannes Androsch, der frühere Industriellenvereinigungs-Generalsekretär Herbert Krejci sowie Peter Weiser, der für die Stadt Wien zahlreiche kulturhistorische Ausstellungen ausgerichtet hatte, wollten sich mit der Entscheidung der Bildungsministerin nicht abfinden: Elisabeth Gehrer, die mit dem Projekt beauftragt war, sagte im Herbst aus Kostengründen alles ab und wollte eine Wanderausstellung durch die Schulen der Bundesländer schicken. "Eine Schande", urteilten Androsch, Krejci und Weiser. Und sie bemühten sich um eine Finanzierung. Ein Drittel der nötigen sechs Millionen Euro will dieses Komitee aufbringen, ein Drittel zahlt Wien, ein Drittel der Bund. 
Der Direktor der "Österreichischen Galerie" - und somit Hausherr in Belvedere, Gerbert Frodl, soll sich mit Kunststaatssekretär Franz Morak um die Finanzen kümmern. Gabriele Zuna-Kratky (Technisches Museum) soll ihre Kenntnisse über EDV-Didaktik einbringen, "Presse"-Kulturredakteur Hans Haider koordiniert die Aktivitäten. 
Die engere Heimat von Kanzler Julius Raab und Außenminister Leopold Figl, das Land Niederösterreich, hatte schon vor einiger Zeit den Grazer Historiker Stefan Karner mit einer Jubiläumsschau 2005 auf der Schallaburg beauftragt. Sie wird den Titel "Österreich ist frei! 50 Jahre Staatsvertrag" haben und das Thema voraussichtlich breiter behandeln können, als das im Schloss Belvedere möglich sein wird. 
"Flankierend" dazu sendet der ORF eine 3. Staffel von "Österreich II" - konzipiert und produziert wieder vom "Historiker der Nation", Hugo Portisch.